Menstruation enttabuisieren – Kaltenkirchens Jugend setzt durch: Kostenlose Periodenartikel in allen Schulen

Großer Erfolg für die Jugendstadtvertretung in Kaltenkirchen: Künftig
wird es an allen Schulen und in der Stadtbücherei kostenlose
Menstruationsprodukte geben. Das Pilotprojekt ist auf sechs Monate
ausgelegt. Die verantwortlichen Jugendstadtvertreterinnen erzählen,
warum es ihnen so wichtig ist.

Kaltenkirchen. Ab kommendem Schuljahr werden in den Damen-WCs in Kaltenkirchens Schulen und in der Stadtbücherei kostenlose Periodenartikel ausliegen. Zu verdanken ist das der Jugendstadtvertretung. Die hatte am Montagabend im Bildungsausschuss einen entsprechenden Antrag eingebracht, dem die Mehrheit (nur die AfD nicht) zustimmte.

 „Wir hatten uns auf einer Jugendstadtvertretersitzung über das Thema unterhalten“, erzählt Emma Conrad. Die 18-jährige Gymnasiastin ist dort stellvertretende Vorsitzende. „An einigen Schulen gibt es schon solche Projekte, aber eben nicht überall.“ Bei der Sitzung sei auch die Gleichstellungsbeauftragte Claudia Eckhardt-Löffler dabei gewesen. „Wir haben dann gemeinsam überlegt, dass es doch schön wäre, wenn die Stadt die Produkte für alle öffentlichen Gebäude finanziert“, sagt Conrad, die mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten den Antrag formuliert hat. „Wir freuen uns total darüber, dass dem Antrag zugestimmt wurde.“
 

Kaltenkirchener Jugendstadtvertretung will Thema Menstruation enttabuisieren

„Wir wollen damit auch das Thema Menstruation enttabuisieren“, erklärt Conrad. „Vor allem die jüngeren Mädchen sollen sich damit wohlfühlen und in der Schule ohne Komplikationen an die Produkte rankommen.“

 Mia Biethahn, Vorsitzende der Jugendstadtvertretung, geht in die Marschwegschule. Dort gibt es bereits kostenlose Hygieneartikel. „Aber die befinden sich im Sanitätsraum. Und wer etwas braucht, muss dort hingehen und die Schulsanitäter fragen“, erzählt die 16-Jährige. „Wenn das aber Jungs sind, ist das vor allem für Jüngere sehr unangenehm.“ Deshalb plädieren die beiden jungen Frauen auch dafür, dass die Tampons und Binden frei zugänglich in den Waschräumen ausliegen.
 

Jugendstadtvertreterinnen machen sich keine Sorgen um Vandlismus

Um Vandalismus oder Diebstahl machen sich die beiden keine Sorgen: „Wir hatten schon mal für einige Zeit Periodenartikel bei uns in der Schule, da habe ich nie erlebt, dass jemand gleich alles mitgenommen hat“, erzählt Conrad. Aber das Angebot sei sehr gut angekommen.

Das Pilotprojekt läuft zunächst sechs Monate lang. So hat es der Bildungsausschuss beschlossen. „Es soll erstmal getestet werden, wie viele Produkte benötigt werden und wie viel das kostet“, so Conrad. Die Jugendstadtvertretung hatte angeregt, mit der Produktionsschule Segeberg zu kooperieren, die die benötigten Spender für Tampons und Binden herstellen könnte.

Auch an den Grundschulen in Kaltenkirchen soll es kostenlose Periodenartikel geben

Der Bildungsausschuss hat ebenfalls beschlossen, dass neben den weiterführenden Schulen und der Stadtbücherei auch die Grundschulen Periodenartikel erhalten sollen. „Einige Viertklässlerinnen haben ja auch schon ihre Periode“, erklärt Conrad. Mädchen können ihre erste Periode im Alter zwischen neun und 15 Jahren bekommen. Da die beiden Gemeinschaftsschulen der Stadt sowie die Grundschule am Lakweg zum Schulverband gehören, soll dieser schnell mit ins Boot geholt werden.

„Ich unterstütze den Antrag ausdrücklich und begrüße, dass dadurch das Thema Menstruation in die Öffentlichkeit gerückt und zur Enttabuisierung beigetragen wird“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Eckhardt-Löffler. Die Periode nehme keine Rücksicht auf den Zeitpunkt und die Situation, daher könne jede menstruierende Person plötzlich in die Lage kommen, ein Periodenprodukt zu benötigen. „Dann ist es doch positiv, wenn zum Beispiel auf einer Schultoilette ein entsprechendes Produkt vorhanden ist.“

Für die beiden Schülerinnen ist der Umgang mit der Menstruation etwas ganz Normales. „Wir gehen da alle sehr locker mit um in der Schule“, erzählt Biethahn. „Ich denke aber, dass die Zehn- bis 13-Jährigen noch schambehafteter sind“, ergänzt Conrad.

„Es ist grundsätzlich total unfair, dass Frauen für die Produkte zahlen müssen, vor allem für Frauen, die wenig Geld haben oder Bürgergeld beziehen“, sagt die 16-Jährige. Verschiedenen Berechnungen zufolge können die Kosten für Menstruationsprodukte über die gesamte Lebensdauer bis zu 20 000 Euro betragen. Schmerzmittel sind da nicht mit eingerechnet. Biethahn: „Dieses Geld könnten wir Frauen auch in andere Dinge investieren. In Sachen, die Spaß machen, zum Beispiel.“

Vielen Dank an die Segeberger Zeitung und an die Autorin Frau Sylvana Lublow dafür, dass wir den Artikel hier veröffentlichen dürfen!